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Eins Zwei Drei

Musical in zwei Akten


Musik von Birger Heymann  
Buch von Helmut Baumann, nach der gleichnamigen Komödie von Ferenc Molnár
Songtexte von Volker Kühn
Arrangements von Donald A. Pippin

 


Inszenierung


Uraufführung: 12. November 1989
Theater des Westens Berlin, Bundesrepublik Deutschland
 

  • Regie / Choreografie: Helmut Baumann, Jürg Burth
  • Musikalische Leitung: Rolf Kühn / Brian Louiselle
  • Bühnenbild: Jörg Zimmermann
  • Kostüme: Susanne Ehrhardt


Besetzung:

  • MacNorris: Lambert Hamel (alternierend: Andreas Mannkopff)
  • Melanie: Monica Solem
  • Stiller: Helmut Baumann (alternierend: Anton Rattinger)
  • Hildegard: Sylvia Wintergrün (alternierend: Ina Retzbach)
  • Scarlett: Pascale Camele (alternierend: Michelle Becker)
  • Mischa: Cusch Jung (alternierend: Götz Hellriegel)
  • Barenski: Wilfried Herbst
  • Budowskaja: Gundula Petrovska
  • Borowski: Jeffrey Judson
  • Mr. Hazeltine: Jochen Schröder
  • Mrs. Hazeltine: Ingrid Kaiser
  • Chauffeur: Oliver Konrad
  • Herrenschneider: Archie Kent
  • Schuhmacher: Joel Kirby
  • Hemdenmacher: Ulf Dietrich
  • Putzmacherin: Janet Calvert
  • Putzfrau Berta: Pia Keller
  • 2 Polizisten: Bernhard Hiller, Jan Müthel
  • Graf von Droste Schattenburg: Friedrich Schoenfelder

 

  • Tanzensemble: Anastasia F. Bain, Friedrich Bührer, Michelle Becker, John Daley, Kim Berner, Ulf Dietrich, Barbara Biedermann, Götz Hellriegel, Janet Calvert, Archie Kent, Theresa Crumb, Joel Kirby, Sigal Maly, Oliver Konrad, Ina Retzbach, Bernhard Majcen, Marischka Schubarth, Saba Pedük, Julia Timmons, Martin Williams, Zimba, Athaualpa, Guido Zimmermann

 

 

Premierenchronik

D UA 12. November 1989 Theater des Westens, Berlin

 

 

Inhaltsangabe

 

"Berlin 1960, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Wir befinden uns in dem Abfüll-Ableger des legendären Cold-Drinks. Der ganz normale wahnsinnige Beginn einer Arbeitswoche. (Eins, Zwei, Drei).
Für den Cola-Manager MacNorris ist die Fronthalbstadt eine Karriere-Sackgasse am Ende der Welt. Deshalb versucht er, ehrgeizig und vehement, seiner Zentrale im fernen Atlanta zu imponieren: Um den Ostblock wirtschaftlich zu erobern, hat er mit einer russischen Limonaden-Kommission  Verhandlungen aufgenommen: Die einen haben's, die anderen wollen's. Also lautet das pragmatische Gebot der Stunde: (Koexistenz - Colalizenz). MacNorris schwelgt in Utopie: Die Eroberung des unermeßlichen Ostraums, die Abfüllung der politisch verhaßten Rotkelchen schwebt ihm vor. Unüberwindliche Aufgaben sind dazu da, von MacNorris angepackt zu werden: (Es gibt für alles einen Dreh!).

Der überseeische Colaboß Hazeltine jedoch ist von MacNorris Eroberungs-Euphorie weit weniger angetan; statt dessen schickt er seine vergnügungssüchtige Teenager-Tochter Scarlett in MacNorris Obhut. Scarlett ist, wen wundert's?, ganz heiß auf das vielgerühmte open-end-Night-life von Berlin: (Hallo, Berlin!). Überraschenderweise bekommt Scarlett die Berlinitis und bleibt an der Spree, wodurch MacNorris Familienurlaub mit seiner resoluten Ehefrau Melanie baden geht. Auch die heimlich gepflegten Umlautüberstunden im Büro mit der attraktiven Sekretärin ´Fraulein Ingeborg´ geraten ins Stocken: (Die Bilinguistin).

Um über die umtriebige Colatochter auf dem Laufenden zu sein, hat MacNorris sein preußisch-zackiges Faktotum Stiller mit der Observierung beauftragt. Offensichtlich fühlt sich die Kleine wohl. MacNorris hofft, dadurch in Atlanta Punkte zu machen. Die Bombe platzt, als Melanie ins Büro stürmt und ihm eröffnet, daß Scarlett nicht nach Hause gekommen ist. MacNorris, der versierte Organisator, läßt seinen Apparat auf Hochturen laufen.
Völlig unbeeindruckt kommt Scarlett in das hektische Büro und erklärt ´Onkel MacNorris´, daß sie mit dem Russen Mischa verheiratet sei. MacNorris sieht sämtliche Felle wegschwimmen. Die jungen Liebenden aber wissen, daß sie mit ihrer Liebe die Schwierigkeiten überwinden werden: (Juri Gagarin). MacNorris, wie anders?, sucht nach einem Ausweg und hat mit Stiller einen perfiden Plan ausgeheckt, der pfeilgerade dazu führt, daß Mischa am Brandenburger Tor verhaftet wird.

Melanie hilft Scarlett beim Kofferpacken: Abends soll es schon nach Moskau gehen. Die beiden Frauen tauschen ihre recht unterschiedlichen Lebenserfahrungen aus: (Das Leben ist kein Musical). MacNorris gibt noch längst nicht auf! Nach wie vor setzt er alle Hebel in Bewegung, um die ´rote Ehe´ zu torpedieren. Seine Melanie aber redet ihm ins Gewissen. Sie zieht eine äußerst negative Bilanz ihres gemeinsamen, vermeintlich so erfolgreichen Lebens: (Wo ist der Swing von damals bloß?).

Nachdem MacNorris von einem Arzt erfährt, daß Scarlett schwanger ist, muß auf der Stelle umdisponiert werden: jetzt gilt's, den Vater in spe wieder aus den Fängen der Stasi zu befreien. MacNorris russische Handelspartner sollen vermittelnd helfen, die Bilinguistin Ingeborg wird als attraktiver Köder eingesetzt. Die Russencrew demonstriert echte, völkerverbindende, Wodka-geschwängerte russische Freundschaft: (Druschba). Inzwischen hat Mischa die zermürbende Monotonie seines Kerkerdaseins kennengelernt und singt: (Den Song vom Warten). Der derangierte Stiller kommt mit der Erkenntnis aus Ostberlin zurück, daß trotz bester Absichten alles immer irgendwie daneben geht: (Alles verkehrt!).

MacNorris hat den Ehrgeiz, aus dem roten Mischa, einen vorzeigbaren Schwiegersohn zu zaubern. MacNorris lässt sämtliche einschlägigen Lieferanten antanzen, um Mischa mitteleuropäisch auszustaffieren: (Lieferanten-Ensemble). Es scheint zu klappen. MacNorris sieht sich als Gewinner. Er hat es geschafft. Alle Türen stehen ihm jetzt offen: (Ich bin der Mann). Trotzdem haben Colaboß Hazletine, aber auch Melanie für den siegesgewissen MacNorris noch eine Überraschung in petto, bevor es happy-endlich 1, 2, 3, ins Finale geht."

(aus dem Programmheft zur Uraufführung)

 

 

Kritiken

 

"Bei der Uraufführung des Musicals ´Eins, zwei, drei´ von Helmut Baumann nach der gleichnamigen Komödie von Franz Molnar tobte am Sonntag abend auf der Bühne der ironische Wettkampf zwischen Kapitalismus und Kommunismus, während unweit des Theaters zur gleichen Zeit die Menschenmenge der deutsch-deutschen Wiedersehensfeier über den Kurfürstendamm wogte. [...] Nach knapp drei Stunden stürmischer Applaus im Theater des Westens, aber den zündenden Funken, den Billy Wilder aus der Symbiose von Zeit und Ort zu schlagen wußte, ist Baumann nicht gelungen. Da übertraf ihn die Wirklichkeit vor den Türen des Theaters."

Wilfried Mommert: Realität übertrifft das Theater, Berlin-Musical "Eins, zwei,drei" uraufgeführt / Viel Beifall. In: Iserlohner Kreisanzeiger, 14. November 1989.

"Die ebenso originelle wie turbulente Handlung nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Ference Molnár (1929) lehnt sich sehr eng an Billy Wilders hinreißende Filmversion mit James Cagney, Horst Buchholz und Liselotte Pulver an. Bei seiner Uraufführung war dieser Streifen allerdings ein Flop, weil er 1963 genau zu dem Zeitpunkt in die Kinos kam, als quer durch Berlin die Mauer gebaut wurde. Angesichts der ´endgültigen´ Trennung der Stadt wollte danach verständlicherweise niemand mehr über eine deutsch-deutsche Grenzgänger-Komödie lachen. Erst 30 Jahre später - als man gelernt hatte mit der Mauer zu leben - entwickelte sich dieser witzig-intelligente Streifen zu einem Klamauk-Kultfilm. Jetzt hat der Lauf der Zeit die Bühnenversion glücklicherweise überholt: angesichts des Gedrängels von Ost- und Westberlinern auf dem Kudamm und dem Freudentaumel über die langersehnte Öffnung der Grenze kann man im Theater dieser Vorstufe des kalten Krieges heute außer der historischen Dimension eigentlich nicht mehr viel abgewinnen. Die auf der Bühne vorgeführten Feindbilder sind seit Perestroika und Glasnost so nicht mehr zutreffend und die Ausgelassenheit findet nicht im Theatersaal, sondern auf der Straße statt."

G.Knopf / Kl.-D. Kräft: Eins Zwei Drei. In: Das Musical, Die Musicalzeitschrift. Heft 20, Dezember 1989/Januar 1990, Seite 12-14.

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Ferenc Molnár: Eins, zwei, drei. Lustspiel in einem Akt. In: Ders.: Liliom, Drei Stücke. Aus dem Ungarischen übersetzt und herausgegeben von Vera Thies, Leipzig: Reclam 1982, Seite 173-231.
  • Moray McGowan: Caught in the Act: Some Productions of November 1989 and the Problems of Topicality. In: Clare Flanagan and Stuart Taberner: German Monitor, 1949 / 1989 Cultural Perspectives on Division and Unity in East and West. Rodopi, Amsterdam & Atlanta, GA, 2000, Seite 146-148.

 

 

Kommentar


In Molnars einaktigem Lustspiel aus dem Jahre 1929 begibt sich ein Amerikaner auf der Suche nach der Tochter seines Chefs nach Berlin. Diese hat sich in einen Taxifahrer verliebt, der, um standesgemäßer Bräutigam zu sein, als ein gutbetuchter Aristrokat ausstaffiert wird.

Das Musical "Eins Zwei Drei" folgt mehr dem Billy-Wilder-Film aus dem Jahr 1961. Dieser basiert zwar auch auf Molnars Komödie, aus dem jungen Taxifahrer wird allerdings ein kommunistischer ostdeutscher Student, der die Tochter des Coca-Cola-Chefs heimlich heiratet und schwängert. Der Berliner Repräsentant des Erfrischungskonzerns muss, wie in 1929, wieder aus einem nicht vorzeigbaren Bräutigam einen passablen Ehemann zaubern. Und das im Kalten Krieg im Berlin Anfang der 1960er Jahre.

 

 

Empfohlene Zitierweise


"Eins Zwei Drei". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 16. Februar 2020.