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Verlieb dich nicht in eine Heilige

Musikalische Märchenkomödie in 12 Bildern


Musik von Siegfried Schäfer 
Text von Claus Ulrich Wiesner

 


Inszenierung 


Uraufführung: 18. April 1969
Staatsoperette Dresden, DDR
 

  • Musikalische Leitung: Karl-Heinz Hanicke
  • Regie: Rudolf Schraps
  • Ausstattung: Axel von Flocken 
  • Chöre: Sigefried Fischer
  • Choreographie: Ingeborg Kassner
  • Technische Leitung: Heinz Mühlbach


Besetzung:
 

  • Orpheus Schulze: Heinz Rennhack
  • Eurydike Müller: Maja-Rosewith Riemer
  • Landgraf Kuno: Frithjof Hoffmann
  • Landgräfin Adelheid: Gardy Herzfeld
  • Pater Auerhahn: Hans-Rudolf Schwarze
  • Ein alter Mann: Fritz Steiner
  • Ein Museumsführer: Werner Heintzsch
  • Bruder Bonifaz: Erich Bohne
  • Minnesänger: K.-H. Märtens, Paul Schmidt, Günther Weichert
  • 1. Vasall: Johannes Gahrig
  • 2. Vasall: Günter Köhler
  • Frau aus dem Volk: Eleonore Bär
  • Mitglieder des Chors

 

 

Premierenchronik

DDR UA 18. April 1969 Staatsoperette, Dresden

 

 

Inhaltsangabe

 

"Orpheus, ein romantischer Musikstudent und seine Freundin Eurydike, technikbegeisterte Datenverarbeiterin, können sich bei einem gemeinsamen Ausflug nicht entscheiden, wohin es gehen soll. Er will, ganz Romantiker, zur Burg Rauenstein; sie in die entgegengesetzte Richtung zu einer Technikausstellung. Es kommt, wie es kommen muss - beide gehen vorerst getrennte Wege. Beim Besuch der Burg fällt Orpheus in dem Standbild der heiligen Cäcilie, deren Ähnlichkeit mit seiner Freundin Eurydike auf. Schön wäre es, wenn seine auf dem Boden der Tatsachen verhaftete Freundin, doch auch nur so romantisch wäre, wie sicherlich Cäcilie im Mittelalter war. Durch die Wette mit einem mysteriösen alten Mann landet Orpheus wahrhaftig im Mittelalter auf der Burg Rauenstein mit dem Auftrag, Cäcilie vor dem Eintritt ins Kloster zu bewahren. Dem stehen allerdings Cäcilies Vater, der Landgraf Kuno, samt ehebrecherischer Ehefrau und deren Galan, der gleichzeitig ihr Beichtvater ist, sowie ein ränkeschmiedender Zauberer, der Aufruf zum Kreuzzug ins Heilige Land und letztendlich, die resolute Cäcilie selbst, entgegen. Gerade weil ihm seine sozialistische Erziehung im Mittelalter zum Teil im Wege war, gleichzeitig aber auch sein Bild, dieser von ihm verklärten historischen Epoche, durch eben diese Erziehung geklärt wurde, landet er geläutert, in die Zukunft seines Heimatlandes und in in die gemeinsame Zukunft mit Eurydike blickend, wieder in der DDR des Jahres 1969."

(Klaus Baberg)

 

 

Kritiken


"[Das Stück] hätte heute an der Schnittstelle von subversiver Musiksprache, als Parodie oder als DDR-Boulevardkomödie Anspruch auf einen guten Platz im Infocenter für die Post-Ostalgie-Generation. Mindestens acht Bühnen spielten das Stück nach, da der Beat nicht etwa zur Charakterisierung der guten Figuren dieses Traums von Orpheus Müller dienen sollte, sondern zur abschreckenden Darstellung einer haltlos fragwürdigen Trends hinterherhechelnden Feudalgesellschaft. Hier kamen Musicalfiktion und Realität nah zusammen."

(Roland H. Dippel: ?. In: Leipziger Volkszeitung, 15. August 2016)

 

"Das Stück, das acht Jahrhunderte lächelnd überspringt, hat seine brennende Aktualität, daran ist nicht zu zweifeln; im dargestellten Mittelalter bildet sich die Gegenwart ab. Es ist ein vergnügliches Stück zum Mit-Denken, zum Nach-Denken. Es geht um Verschiedenes, nur im Detail recht Unterschiedliches darin: um Gleichberechtigung und deren Akzeptierung männlicherseits, um Erkenntnis gesellschaftlichen Fortschritts, um eine bewußte, aktive Haltung zu den Problemen der Zeit, um Glück und die Wichtigkeit seines gesellschaftlichen Aspekt, um wahre Liebe, die nicht egoistisch ist. Zwei Zeiten, weit voneinander entfernt, stoßen aufeinander, doch ist die zeitliche Distanz ein Nichts gegen die konzeptionelle, gesellschaftliche.


[...] C. U. Wiesners sehr heiteres Musical mit sehr ernstem Unterton, als "Musikalische Märchenkomödie" bezeichnet, geht einen eigenwilligen, in diesem Genre nahezu experimentellen Weg. Wir haben bei anderen Produktionen zur Kenntnis nehmen können, welche Schwierigkeiten es bereitet, eine Geschichte aus unseren Tagen, aus unserer Umgebung auf die Bühne des heiteren Musiktheaters zu bringen. Schwierigkeiten nicht zuletzt auch ästhetischer Natur. Die Ausrichtung aufs Heitere hat allzuoft Vereinfachung zur Folge, Banalisierung der abgebildeten Realität.


[...] Wiesners Musical ist eins von jenen, die mehr einem Schauspiel mit recht organisch eingefügter Musik denn einem nach musiktheatralischen Erwägungen entwickelten Stück zuneigen. Das ist keine Bewertung, das ist nicht mehr als eine Einordnung, hinter der freilich der Wunsch steht, man möge diese Richtung nicht generalisieren. Siegfried Schäfers Musik entspricht mit ihrer Ausrichtung aufs Chanson, zumindest aufs Chansonale und Liedhafte, der Anlage des Buches. Schäfer hat Erfahrungen auf diesem Terrain, das spürt man; daß er sich bemüht, seine Musik szenisch-dramaturgisch determiniert erscheinen zu lassen, wird an manchem treffenden, charakterisierenden Melodieneinfall deutlich. Dennoch bleibt die Musiknummer weitgehend Einlage, zumeist gut motiviert . . . [...]"


Hans-Gerald Otto: Verliebt euch ruhig in die "Heilige". In: Theater der Zeit,    Seite 33-35.

 

 

Empfohlene Zitierweise

"Verlieb dich nicht in eine Heilige". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 22.Februar 2020.