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Nostalgie

Ein surrealistisches Musical in zwölf Bildern


Musik von Alexis Weissenberg 
Buch von Francis Lacombrade 
Songtexte von Bernard Broca                                                                                                                              Deutsche Übersetzung von Antoinette und Daniel Becker
Bearbeitung von Helfrid Foron

 


Inszenierung


Uraufführung: 17. Oktober 1992
Staatstheater Darmstadt, Bundesrepublik Deutschland
 

  • Inszenierung: Helfrid Foron
  • Musikalische Einstudierung: Alexis Weissenberg
  • Choreographie: Andris Plucis
  • Bühne: Marc Deggeller
  • Kostüme: Nina Ricci, Paris / Gérard Pipart
  • Choreinstudierung: André Weiss
  • Film- und Videoproduktion: Helfrid Foron


Besetzung:

  • Samantha: Sona McDonald
  • Nana: Jana Werner
  • Caterina: Sylvia Hanisch
  • Harold: Jeffrey Dowd
  • David: Markus Liske
  • Portier / Figaro / Croupier / Wolfram, Chefinformatiker: Horst Schäfer
  • olga: Vesela Dukov
  • Piano: Thomas Labé / Hyunsoon Whang
  • Ballett des Staatstheaters Darmstadt / Chor des Staatstheaters Darmstadt / Statisterie des Staatstheaters Darmstadt

 

 

Premierenchronik

D UA 17. Oktober 1992 Staatstheater, Darmstadt

 

 

Inhaltsangabe

 

"In der Halle eines Grand-Hotels unserer Zeit hat ein Mann einen Traum. Es handelt sich nicht um irgendeinen Mann, sondern um einen Akustiker, der aufgefordert ist, ein scheinbar unlösbares Echoproblem zu lösen. Es handelt sich auch nicht um irgend einen Traum, sondern um eine Liebesgeschichte, die aus der sichtbaren Antipathie eines Mannes für eine Frau entstanden ist. Von Harold für Samantha. Es ist diese Frau selbst, die David fasziniert und seine Neugier erweckt. David ist der unerfahrene und hilflose Sohn von Harold, der scheinbar über unbegrenzte Kräfte verfügt. Der Traum erlaubt alles: 1910, im fin de siècle, beginnt eine Geschichte, die sich überträgt und wie ein Echo fortsetzt, weit über das Jahr 2000 hinaus, bis hinein in den Kern eines mit Unvernunft gespeicherten Computers. Diese Geschichte macht eine Zwischenstation in der Zeit der "goldenen Zwanziger" mit ihren möglichen Lösungen und neuen Gewagtheiten, die diesen bewegten Zeiten zu eigen sind. Der Traum stellt auch seine Ansprüche: die Realitätsverschiebungen, die Komik, ja sogar die Absurdität, in denen es eine Fährte zu enträtseln gilt, eine Entscheidung, einen ungeahnten Schnmerz, der nicht ganz zum Vorschein kommt und eine Einsamkeit, die sich nur singen lässt. Der Traum hat auch seinen Rahmen: die Halle eines Grand-Hotels, die Wandspiegel, die Vergoldungen, die sie unendlich und zeitlos wirken lassen; ein nicht zu erschütterndes Schiff (oder Theater) der Leidenschaft, dem es gelungen ist, die Zeit ohne Havarie zu überqueren. Dieses Schiff zeugt von jenen, die sich dort eingeschrieben haben und mit einer Gedankenlosigkeit vorübergingen, die dennoch ihre Spur hinterlassen hat. Der Traum kennt auch sein Erwachen, das der Träumer gelegentlich herbeiruft, weil ihm das Nahen eines zu glatten, zu logischen, zu theatralischen Endes manchmal beunruhigt, ja ängstigt. Ein Traum, dem der Schrei einer Frau ein Ende bereiten kann, in dem Augenblick, da der Mann die Frau erreichen sollte, endlich ohne Worte, ohne Lied. Die Erinnerung verlängert diesen Traum . . . und es ist nicht das Fallen eines Vorhang, der uns von ihm trennt. Uns bleibt die Nostalgie."

(aus: Programmheft der Uraufführung)

 

 

Kritiken

 

"Fehlentscheidungen kommen teuer. Die Kosten gehen ins Unberechenbare, Unvorstellbare. Jüngstes Musiktheaterbeispiel: Darmstadt. Rund anderthalb Millionen Phantasie-Mark versanken hier im "Nostalgie"-Schlund: phantasielos. Man zielte nach den Sternen. Und landete in tiefster Depression. Man blinzelte nach Paris und atmete schon den Duft anderer Boutiquen. Aber man landete auf hartem Kartoffelacker, in stickigem Provinzmief. Es war die Haute Couture der Langeweile. Das seriös konzipierte Staatstheater verkam zum Laufsteg dumpfer Eitelkeiten."

Heinz-Harald Löhlein: "Angemaßte Haute Couture - Alexis Weissenbergs Musical "Nostalgie" uraufgeführt". In: Frankfurter Rundschau, 19. Oktober 1992.
 


"Daß die Inszenierung mit ihren singenden Kleiderpuppen recht hilflos wirkte, mag mit der vorzeitigen Ausladung des Regisseurs Helfrid Foron zusammenhängen, der den Zeitplan nicht eingehalten haben soll. Andris Plucis, dessen Choreographie als konventionelle Musical-Attitüde wenigstens reibungslos funktionierte, versuchte die Lücke zu füllen. Die sing-schauspielerischen Leistungen waren allenfalls achtbar, was die schon bei der Premiere verfügbare Schallplatteneinspielung bestätigt: Das mit der Uraufführung identische Sängerteam kann Harolds Eigenlob nich auf sich beziehen: "Akustisch bin ich Weltniveau."
Auch für Alexis Weissenbergs Musik galt dies keineswegs. Vielmehr trifft Samantha den Kern: "Macht nix, wenn Chopin wie'n Schlager klingt." Tatsächlich kopuliert der international berühmte Pianist, der zeitlebens mit dem Jazz spielend und komponierend geliebäugelt haben will, in seinen Songmelodien Chopin und den Impressionismus, Poulenc und Kurt Weill mit den Modetänzen und der Salonmusik der fünfziger jahre und übergießt diesen abgenutzten Sound mit einer synthetischen Jazz-Tunke."

Ellen Kohlhaas: Der Kollaps des denkenden Computers. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Oktober 1992, Feuilleton Seite 35.
 


"Neuland zu entdecken ist vor allem in der Musik, die der Pianist Alexis Weissenberg für zwei Klaviere geschrieben hat. Die Koreanerin Hyunsoon Whang und der Amerikaner Thomas Labé spielen die farbenreiche Partitur mit lebendigen Fingern, manchmal zu laut für die Stimmen. Die Musik Weisenbergs schöpft aus dem Jazz, der Musik Weills, verfremdet Klänge der 20er Jahre und besitzt Substanz, setzt sich vom gängigen Musicalton bewußt ab prostituiert sich, wie auch der ernste und melancholische Inhalt des Musicals, nicht reißerisch dem Publikumsgeschmack, ist keineswegs gefällig. Das zeigte dann auch die sparsame Applausreaktion der Uraufführung."

(pe): "Alptraumhafte Tiefe in der meist platten Glitzershow. In: Gießener Anzeiger, 20. Oktober 1992.

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • OC Darmstadt CD Arkadia 1992

 

 

Empfohlene Zitierweise


"Nostalgie". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 13. Februar 2020.