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Mass

Ein Theaterstück für Sänger,Tänzer und Instrumentalisten


Musik von Leonard Bernstein
Text nach der Liturgie der römisch-katholischen Messe 
Zusätzliche Texte von Stephen Schwartz und Leonard Bernstein 
Deutsche Fassung von Marcel Prawy

 

 

Inszenierung


Deutsche Erstaufführung: 27. April 1982
Deutschlandhalle Berlin, Bundesrepublik Deutschland

  • Musikalische Leitung: Caspar Richter
  • Koordinierender Dirigent: David Abell
  • Regie: Wolfgang Weber
  • Choreografie: William Milié
  • Bühnenbild und Ausstattungsleitung: Werner Schwenke
  • Einstudierung des Chores: Ernst Senff
  • Einstudierung des Kinderchores: Hans-Joachim Hübner

 

Besetzung:  

  • Der Zelebrant: Frank Kubik / John Wiseman
  • Der Street Chorus: Frank Ablorh-Odjidja, Valda Aviks, Ute Becker, Holger Bernhard, Dagmar Claus, Lynnda Curry, Bernd Fänder, Timothy Golliher, Mark Headley, Sue Hürzeler, Peter Jahns, Gregory Jones, Mieko Kanesugi, Michael Kaufmann, Jack Kirk, Vivien Lee, Theresia Linke, Paulette Marla, Cornelia Moré, Martin Moss, Ulli Naumann, Martin Pichler, Damon Pearce, Neva Rae Powers, Peter Siche, Monika Solem, Avon Stuart, Silvia Weiss, Thomas Zahner
  • Knabensolo: Sebastian Noack / Marcus Vettin
  • Flötensolo: Keiko Hara
  • Die Acolythen: Calvann Cole, Mark Coker, Ellys, Petra-Christine Harnisch, Jeffry Judson, Judy Pyanowski, Sineida Stanley
  • Die Marching Band von der Hochschule der Künste: Regina Bergmann, Bernhard Berwanger, Wolfram Borchert, Peter Douglas, Wulf-Rainer Ehrhardt, Jörg Freymann, Uwe Füssel, Florian Goltz, Keiko Hara, Matthias Hof, Klaus Huber, Akira Ishikawa, Hyo Jung Kim, Derek Krüger, Arturo Mendoza, Rüdiger Mix, Eckehard Oehme, Crozet Du Plantier, Annette Quatier, Karen Rockwell, Martin Schneider, Frank Severin, Gerd Thull, Yasuyuki Takeuchi
  • Rock- und Blues-Band: Ingo Bischof, Michael Brandt, Christian Evans, Hans-Dieter Lorenz, Martin Schalow, Joachim Seidel, Werner Scholl, Klaus Walter

 

  • Es spielt das Orchester der Moraske Philharmonie Olomouc/CSSR.
  • Es singen der Kammerchor Ernst Senff und ein Kinderchor.
  • Die Verwendung der Stimmen von Betty Allen, Karen Altman, Dominic Cossa, Ray de Woll auf Tonband erfolgt nach Bereitstellung und Genehmigung durch Columbia Records.

 

 

Premierenchronik

USA UA 8. September 1971 John F. Kennedy Center for the Performing Arts, Washington
A EA (i.Engl.) 25. Juni 1973 Konzerthaus, Wien
GB EA 16. Mai 1976 Theatre, Coventry
A Dspr. EA 16. Februar 1981 Staatsoper, Wien
D EA 27. April 1982 Deutschlandhalle, Berlin

 

 

 

Inhaltsangabe


"Mehrere Stimmen beginnen nacheinander ihr Kyrie. Sie vereinigen sich nicht. Sind ihre Herzen zu weit voneinander? Ein junger Mann mit einer Gitarre unterbricht das Chaos, um Gott mit einem einfachen Song zu ehren. Er bekommt von jungen Menschen das Meßgewand und lehrt als Zelebrant im Spiel das Wort Gottes. Der Kirchenchor singt die Messe weiter. Auch die Jugendgruppe ist gläubig - aber wir erleben im Verlauf der Messe ihre Gedanken, Fragen, Bedenken, auch zynischen Antagonismus. Noch gelingt es dem Zelebranten, alle Gruppen im Glauben zusammenzuhalten. Dann aber verliert er das Vertrauen der Jungen, weil er ihnen nicht helfen kann. Nun soll der Akt der Transsubstantiation beginnen. Bei ´Dona nobis pacem´ fühlt er, daß er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. Wer kann Frieden geben? Alle wenden sich gegen ihn. Auch ihn beginnen Zweifel zu zerwühlen. Er bricht zusammen, zertrümmert im Wahnsinnn die heiligen Gefäße und zerreißt sein Priestergewand. Nun folgt eine lange Pause der Besinnung. Der Zelebrant wird wieder zum einfachen jungen Mann, einer unter vielen, wie zu Anfang. Bei einem Choral finden sich alle, auf der Suche nach ihrem Weg, zu Gott."

(Marcel Prawy: Die Handlung. Aus: Programmheft zur deutschen Erstaufführung, Berlin, 1982)

 

 

Kritiken

 

"Diese Aufführung paßt in die gesellschaftspolitische Landschaft: Gesinnungskitsch mit Bedeutungssoße für all jene, die schon immer wußten, daß die Welt zwar schlecht, der Mensch indes gut ist und also das ´Ebenbild Gottes´ sich nur darauf zu besinnen hat, seinen Herrn zu loben - und schon hat sich´s mit Gewalt und Hunger und Umweltzerstörung, mit also dem Bösen schlechthin. [...]

Die Amerikaner hat diese - in die Lithurgie der katholischen Messe gekleidete - Botschaft ge- und betroffen - rund 50 Produktionen in den Vereinigten Staaten bezeugen das. In Wien, bei der deutschsprachigen Erstaufführung vor einem Jahr, höhnten einige Kritiker: ´Bernsteins Parsifal´ oder ´Jedermann des Atomzeitalters´!

Nach der Berliner Aufführung zu urteilen, tut selbst dieser Hohn dem Werk zuviel Ehre an. Aber das mag an der denn doch mehr als hilflosen Inszenierung liegen. Bernsteins Partitur ist zwar ganz und gar eklektisch - zeitgenössische Musik und Schlager-Einfalt, Jazz, Pop, Rock, Gospel nach dem Rezept ´man nehme´ - sie ist aber doch professionell und effektbewußt gearbeitet. Und bei Bernstein weiß man ja nie so ganz genau: Was ist da tiefe Empfindung, was gekonnte Show?

Die Berliner Aufführung indes verwischt alle angelegten Gegensätze."

Dietrich Steinbeck: Leonard Bernsteins "Mass" in der Deutschlandhalle, WDR/NDR - Politik am Morgen - 28. April 1982.

 

"Ein ´Theaterstück für Sänger, Tänzer und Instrumentalisten´ nennt Bernstein sein frommes Abenteuer. Darin steckt viel Unternehmungslust, aber bei der kompositorischen Ausführung ist dann am Ende ausgerechnet Schmalhans ausgiebig der Küchenmeister gewesen. In Bernsteins ´Mass´ lebt künstlerisch alles aus zweiter Hand und noch dazu müder Hand.

Dabei versucht die Aufführung das fromme, buntkarierte Geschehen kräftig hochzuputschen. Sie feiert dabei immer ein bißchen lauter sich selbst als den lieben Gott. Aber das Erweckungsritual neigt eher dazu, einzuschläfern. Es stolpert immerfort über die eigene Symbolik, nach der Tonbandeinspielungen die Liturgie, Chor und Orchester den ´Reinen Glauben´, Rock und Blues und sogar das lebensnotwendige kleine Handmikrofon aber ´Trauer über den verlorenen Glauben, Zweifel, Protest´ symbolisieren sollen. Mehr hat man wohl einem Mikrofon noch nie aufgebürdet. Kein Wunder,  daß es manchmal darüber wie mit den Zähnen knirscht. [...]

Walther Moslener, Vorsitzender der Geschäftsführung der AMK, hat höchstpersönlich die Gesamtleitung der Aufführung in den tatkräftigen Händen. Nur haben sie sich wohl bei der Wahl des Stückes vergriffen. Nächstens wird uns dafür vielleicht nun ein Vorstandsmitglied der Bundesbank mit einer Produktion von ´No, No, Nanette´ erfreuen. Wer weiß?

Das Publikum in der Deutschlandhalle ließ Bernsteins ´Mass´ geduldig über sich ergehen, schweigend, aufmerksam oder auch bloß dahindämmernd, eingelullt von der schlimmen frohen Botschaft, vielleicht auch von ihr irritiert. Es klatschte am Ende höflich, doch von Begeisterung keine Spur."

Klaus Geitel: Betriebsausflug zum lieben Gott, Leonard Bernsteins "Mass" in der Deutschlandhalle aufgeführt. In: Berliner Morgenpost, 29. April 1982.

 

"Sehr amerikanisch, diese Mischung von Erweckungseifer, Menschheitsproblematik und Show. Aber auch aus Amerika sind schon eindrucksvolle Zeugnisse der Auseinandersetzungen mit den letzten, unbeantwortbaren Fragen gekommen - man denke an die Dramen von Eugene O´Neill. Bernstein quält sich nicht lange. Alles Schwierige und Komplexe ordnet sich ihm zum gefälligen Entertainment. 

Damit kein Mißverständnis aufkommt: Wir ziehen uns nicht auf die Maßstäbe deutschen ´Tiefschurfs´ zurück. Aber gerade Vereinfachungen müssen kraftvoll sein. Bernstein fehlt der prägende Zugriff. Dem vielerfahrenen Könner rinnt sein Stoff durch die Finger. Wo er schlicht sein will, wird er bloß seicht und sentimental.

´Mass´, sein ´Theaterstück für Sänger, Tänzer und Instrumentalisten´, bedient sich des lateinischen Messetextes. Über ein Tonband wird die Liturgie eingespielt. Eingestreut sind Szenen, des Zweifels, des Protests, der Verweigerung junger Leute; sie äußern sich in Rock- oder Bluesmusik, gesungen zumeist über Handmikrophon. [...]

Motiviert wird weder der Glaube, noch der Abfall, noch die Reue des Zelebranten. Die Argumente, die von den jungen Leuten immerhin geäußert werden, bleiben ohne Antwort. Alles spielt auf der Ebene der Mystik, könnte man einwenden. Aber auch das Mystische wäre dramaturgisch oder musikalisch sinnfällig zu machen. Daran fehlt es. Wenn spöttisch von ´Bernsteins Parisfal´ gesprochen worden sein sollte, dann wäre das viel Ehre: Wagners Mysterienspiel ist wirklich ein Drama. [...]

Marcel Prawy, der die deutsche Übersetzung der englischen Textabschnitte in ziemlich unsäglicher Reimerei besorgt hat, beteiligt sich adäquat an dieser Equilibristik des Leerlaufs. Anerkennender Beifall im gut gefüllten Halbrund bei der Premiere - kein Enthusiasmus. Und natürlich auch nichts von ´Einkehr´.

Hans-Jörg von Jena: Glaube im Leerlauf, Bernsteins "Mass" in der Deutschlandhalle. In: Spandauer Volksblatt, 29. April 1982.

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Mass". Uraufführung Washington, Studio-Einspielung, 1971 released by Sony Music Entertainment, auf CD neu herausgebracht von Sony Music Entertainment 1997. (2xCD)
  • "Mass". Deutsches Symphonie-Orchester, Dirigent Kent Nagano, Harmonia Mundi. (2xCD)

 

DVD / Video

  • "Mass". Leonard Bernsteins "Mass" at the Vatican City, im Jahr 2000, ASIN: B0002S641Y, als DVD veröffentlicht 2004. (1xDVD)

 

Literatur

  • Humphrey Burton: Leonard Bernstein, Die Biographie. Aus dem Englischen von Harald Stadler, München: Knaus 1994.
  • Andreas Jaensch: Leonard Bernsteins Musiktheater, Auf dem Weg zu einer amerikanischen Oper. Kassel u.a.: Bärenreiter 2003.
  • Gary de Sesa: A Comparison between a descriptive analysis of Leonard Bernsteins "Mass" and the musical implications of the critical evaluations thereof. Dissertation. New York University, 1984. [https://leonardbernstein.com/uploads/pages/files/DISSERTATIONonBernsteinsMASSbyGarydeSesa.pdf], aufgerufen 29. Oktober 2022.

 

 

Kommentar

 
"Mass" war ein Kompositionsauftrag von Jacqueline Kennedy, Witwe des US-Präsidenten John F. Kennedy, als Teil der Eröffnungsfeierlichkeiten für das John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, D.C. 

Die Erstaufführung im Wiener Konzerthaus 1973 war ein Gastspiel der Yale University (New Haven, Connecticut) mit einer Studentenproduktion des Yale Symphony Orchestra unter der Leitung von John Maucer. Das Gastspiel erfolgte auf Einladung von Peter Weiser, dem Generalsekretär des Wiener Konzerthauses. Gespielt wurde vom 25.-29. Juni 1973. Das Gastspiel war gleichzeitig die europäische Erstaufführung.

Von der Inszenierung 1981 gab es insgesamt 8 Vorstellungen.

Veranstalter der deutschen Erstaufführung war die AMK Berlin (Ausstellungs- Messe- Kongress-GmbH) in Verbindung mit der Hochschule der Künste Berlin.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Mass" [Berlin]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 6. Dezember 2022.